Industrieroboter: Funktion und Einsatzgebiete

Industrieroboter: Funktion und Einsatzgebiete
Industrieroboter: Funktion und Einsatzgebiete
 
Nichts ist so beständig wie der Wandel. Für kaum einen Bereich ist diese Aussage zutreffender als für unsere Industriegesellschaft. Dabei geht es weniger um neue Produkte und Produktionsverfahren. Es geht um völlig veränderte Produktionsprinzipien und Automatisierungskonzepte. Der Laie mag bei Automatisierung am ehesten noch an Schweißroboter in der Automobilfertigung und an Fließbandmontage à la Charly Chaplins »Moderne Zeiten« denken. Doch Automatisierung ist mehr. Automatisierung — das ist die virtuelle Fertigung, das ist eine veränderte Arbeitsorganisation, das sind Strukturen, die dem Verantwortlichen die Möglichkeit geben, hochkomplexe Herstellungsverfahren am Rechner zu simulieren, zu planen, zu kalkulieren und letztlich auch zu realisieren. Und — Automatisierung kann mehr Verantwortung für den Einzelnen und eine höhere Zufriedenheit bedeuten.
 
Der Drang zur Automatisierung ist allerdings weder Selbstzweck noch ist er alleine die logische Folge der technischen Weiterentwicklung. Automatisierung ist heute zum Überlebensrezept des harten Konkurrenzkampfs der freien Wirtschaft geworden, die sich dem internationalen Wettbewerb stellen muss. Wer sich diesem Rezept verschließt, ist zum Scheitern verurteilt. Die politische Wende der Neunzigerjahre und die Öffnung der Wirtschaft in Osteuropa belegen die Gültigkeit dieser Aussage in eindrücklicher Weise. Ein Unternehmer, der sich dem technischen Fortschritt verschließt und die Automatisierung — aus welchen Gründen auch immer — dem Mitbewerber überlässt, der gefährdet Arbeitsplätze, einschließlich seines eigenen.
 
Roboter in Konkurrenz zur menschlichen Arbeitskraft
 
Die Produktionsautomatisierung leidet — nicht zu Unrecht — unter dem Ruf, Arbeitsplätze zu vernichten. Doch das ist nur die halbe Wahrheit. Nur die Anwendung neuer Schlüsseltechnologien sichert den jeweiligen Produktionsstandort. Es erscheint vielleicht nahe liegend, die Produktion in Länder mit niedrigerem Lohnniveau als dem eigenen zu verlagern; doch dabei verkennt und unterschätzt man die damit verbundenen Kosten, Risiken und Qualitätsprobleme. Es gibt keine vernünftige Alternative zu der Entscheidung, zunächst alle Rationalisierungspotenziale am eigenen Produktionsstandort auszuschöpfen — auch durch den Einsatz von Robotern.
 
Entwicklung und Produktion von Robotern schaffen und sichern viele qualifizierte Arbeitsplätze beim Roboterhersteller; und auch in dem Betrieb, in dem Roboter eingesetzt werden, gibt es viele positive Auswirkungen, die weit über den eigentlichen Effekt der Rationalisierung und Personalkosteneinsparung hinausgehen. So ist die hohe Qualität der automatisch gefertigten Produkte und die hohe zeitliche Verfügbarkeit des Roboters ein unbestreitbarer Vorteil. Und die Arbeitsplätze werden letztlich humaner — wer kann sich noch an die unzumutbaren Verhältnisse in früheren Autolackierstraßen erinnern?
 
Umweltschutz heißt auch Gesundheitsschutz — und hier nehmen Roboter dem Menschen an vielen Stellen der Fertigung, aber auch der Montage und Wartung schmutzige und gefährliche Arbeit ab.
 
Für die Betriebsleitung ergeben sich dank Automatisierung ganz neue Möglichkeiten der Transparenz. Materialflüsse werden nicht nur nachvollziehbar, sondern lassen sich zentral steuern und regeln. Selbst Planung und Entwicklung werden zunehmend zum festen Bestandteil der Automatisierung, wie an späterer Stelle noch zu zeigen sein wird. So ist es nur selbstverständlich, dass der Arbeitsprozess insgesamt effektiver und damit kostengünstiger wird.
 
Ohne Roboter keine Automatisierung
 
Im Rahmen der zunehmenden Automatisierung nehmen Roboter eine besondere Stellung ein. Anfangs dienten sie dazu, einfache Handhabungsaufgaben wie Einlegevorgänge und Schweißarbeiten durchzuführen. Dank Mikroelektronik und Mikromechanik sind Roboter inzwischen auch komplexen Aufgaben gewachsen und werden zunehmend zum zentralen Element der Automatisierung; so ist beispielsweise die Montage von textilartigen oder gummiähnlichen Werkstoffen durch Roboter sowie das Demontieren von Altgeräten im Rahmen des Recyclings an vielen Stellen längst realisiert.
 
Nun, was ist also ein Roboter? Man kann darunter bereits eine manuell gesteuerte Bewegungseinrichtung verstehen, bei der der Mensch die Regie übernimmt und die Maschine nach seinen Vorgaben die Bewegungen ausführen lässt. Zu dieser Art von Roboter gehören die Manipulatoren, die für einfachere Handhabungsaufgaben eingesetzt werden. Sie bestehen aus mehreren Gliedern, die sich relativ zueinander bewegen. Etwas fortgeschrittener sind Einlegegeräte, im Prinzip Manipulatoren, deren Bewegungsfolge nach einem festgelegten Programm abläuft, wobei dieses Programm aber ohne manuelle Eingriffe nicht beeinflusst werden kann.
 
Der modernere und komplexere Typ von Roboter ist eine Maschine oder ein Gerät, das programmiert werden kann, sodass es bestimmte Aufgaben wie Bewegen oder Handhaben geregelt durchführt. Man spricht auch von einer programmgesteuerten Bewegungseinrichtung, bei der die Bewegungen durch ein mechanisch oder elektronisch gespeichertes Programm kontrolliert werden.
 
Neben diesen funktionellen Definitionen teilt man Roboter noch nach der Art ihres Einsatzes ein: Es wird unterschieden zwischen Industrierobotern und Servicerobotern.
 
Industrieroboter sind Bewegungsautomaten, die sich hinsichtlich ihres Bewegungsspielraums frei programmieren lassen oder von Sensoren geführt werden. Sie sind meist mit Greifern, Werkzeugen oder anderen Fertigungsmitteln versehen, können fest montiert sein oder auch als Ganzes verfahren werden. Vor allem in der Autoindustrie, aber auch in vielen anderen Produktionsbereichen verrichten sie schwere, monotone und gesundheitsgefährdende Arbeiten. Die Zahl ihrer weltweiten Einsätze wird heute auf etwa eine Million geschätzt.
 
Unter einem Serviceroboter versteht die Internationale Roboter-Vereinigung IFR einen Roboter, »which operates partially or fully autonomously to perform services useful to the well-being. .. of humans and equipment. They are mobile or manipulative or a combination of both«. Das heißt, ein Serviceroboter verrichtet selbstständig Arbeiten zum Nutzen von Menschen und Maschinen, ist selbst beweglich und kann andere Einheiten bedienen.
 
Serviceroboter bewegen sich üblicherweise nicht in industrieller, sondern in natürlicher Umgebung. Sie müssen flexibler auf die Umgebung reagieren und haben meist wesentlich mehr Sensoren. Man spricht auch von der höheren Intelligenz von Servicerobotern im Vergleich zu Industrierobotern. Sie werden im Straßen- und Tiefbau eingesetzt und haben sich im Routineeinsatz bei der Brandbekämpfung, bei der Inspektion kontaminierter und unzugänglicher Flächen und Gebäude sowie bei der Bombenentschärfung bewährt. Neue Einsatzbereiche von Servicerobotern eröffnen sich auch vermehrt in der Medizin bei chirurgischen Aufgaben.
 
Aufbau und Steuerung eines Industrieroboters
 
Ein Industrieroboter besteht aus mehreren Komponenten. Die mechanische Struktur entspricht der eines Manipulators und verfügt über elektrische, hydraulische oder pneumatische Antriebe sowie Getriebe und Armglieder, die in verschiedene Richtungen bewegt werden können. Eine mobile Energieversorgung liefert Strom oder Druck für die Antriebe. Die elektronische Steuerung legt die Bewegung einzelner Roboterachsen fest und überwacht deren Durchführung. Die Steuerung verarbeitet auch die Signale von Sensoren, die dem Roboter entweder zur Orientierung im Raum dienen oder die Rückmeldung des behandelten Werkstücks liefern. Die Daten zur Programmierung und zur Rückmeldung über Bewegungsabläufe werden über Datenschnittstellen aus- und eingelesen.
 
Die Programmierung eines Roboters kann auf vielfältige Weise erfolgen. Bei der textuellen Programmierung nutzt man die Befehlsworte einer bestimmten Programmiersprache am Bildschirm. Bei vielen Freiheitsgraden der Bewegung ist diese Programmierung recht aufwendig. Beim Teach-in-Verfahren (»to teach«, englisch: »lehren«) wird der Roboter von Hand an einzelne Raumpunkte gefahren; die jeweilige Stellung wird gespeichert und vom Roboter dann eigenständig nachgefahren. Bei besonders schwierigen Bahnen kommt die Playbackprogrammierung zum Einsatz. Hierbei wird die Roboterhand manuell vom Bediener geführt und deren Position alle 20 Millisekunden gespeichert.
 
 Roboter im Einsatz
 
Die hohe Flexibilität eines Industrieroboters bedeutet nicht, dass er zum »Mädchen für alles« wird. Ein Roboter, der bearbeitet, verpackt und etikettiert, ist wenig sinnvoll, denn hierzu wäre ein häufiger Werkzeugwechsel notwendig. Das wiederum kostet wertvolle Zeit. So erhalten Industrieroboter einerseits einen immer geringeren Funktionsumfang; andererseits wird die einzelne Tätigkeit immer komplexer und anspruchsvoller. Diese Entwicklung in der Robotertechnik ist allerdings nur durch eine immer ausgefeiltere Mikromechanik, durch hoch empfindliche, mechanische Sensoren im Bereich der Greifer und eine leistungsfähige Steuerelektronik möglich.
 
Die Investition in einen Industrieroboter lässt sich gut kalkulieren, wobei dessen Anschaffung längst kein Privileg der finanzstarken Großindustrie ist. Ein moderner »Pick-and-place-Roboter«, der selbst druckempfindliche Pralinen in Hochgeschwindigkeit einsortiert, kostet heute weniger als 50 000 Mark und dies bei nahezu unbegrenzter zeitlicher Verfügbarkeit und hoher Zuverlässigkeit.
 
Wohin geht der Trend bei Industrierobotern? Der Automatisierungsgrad von Produktionsabläufen, die bislang nur zum Teil automatisiert waren, wird mit Sicherheit zunehmen. Die Bedienung und Programmierung wird einfacher, der Trend zur Miniaturisierung hält an. Robotersysteme und Steuerelektronik werden zwar stärker dezentralisiert, gleichzeitig aber vollkommen untereinander vernetzt. Daneben gewinnt die Integration hoch entwickelter Sensorik immer mehr an Bedeutung für Industrieroboter.
 
Ein Bereich, der bei Industrierobotern derzeit eine besonders rasche Entwicklung erfährt, ist die Bilderkennung und -verarbeitung. Beispielsweise kann ein Videosystem beim Recycling von Altbatterien in Bruchteilen von Sekunden zwischen Tausenden von verschiedenen Batterie- und Akkutypen unterscheiden, selbst wenn die Etiketten verschmutzt oder beschädigt sind. Automatisch werden die unterschiedlichen Typen mit im Speicher abgelegten Produktbildern verglichen und verschiedenen Behandlungswegen zugewiesen.
 
Eine leistungsfähigere Software vermag Industrierobotern noch mehr Intelligenz zu verleihen, wodurch diese noch flexibler auf Materialien und Produkte reagieren können. Gleichzeitig dringt die Automatisierungstechnik in Bereiche vor, in denen bisher manuelle Tätigkeiten vorherrschten. Hierfür gibt es bereits heute eindrucksvolle Beispiele:
 
Möbel herstellen: Die Möbelindustrie ist traditionell ein Bereich des Handwerks; nur bei Vorprodukten in großer Stückzahl werden Roboter schon seit längerem eingesetzt. Neuerdings übernehmen Industrieroboter auch das Dübeln, Nageln, Klammern, Einpressen und den Zusammenbau sowie das Be- und Entladen der Möbeltransportwagen. Teilweise werden dabei Arbeitsgänge wie Sägen, Fräsen oder Bohren mit in die Montageabläufe integriert. Hier kooperieren einzelne Roboter, die gemeinsam in einer die Umgebung schützenden Roboterzelle zusammengefasst sind. Sie erledigen Arbeiten von der Kommissionierung der Einzelteile über die spanende Bearbeitung der Möbelbauteile bis zu deren Zusammenbau.
 
Glasfasern konfektionieren: Die Nachfrage nach lichtleitenden Glasfasern für die Informationstechnik ist sehr hoch. Die manuelle Konfektionierung der hoch empfindlichen Glasfasern führt immer wieder zu Qualitätsproblemen. Fertigungsroboter im feinmechanischen Bereich liefern nahezu fehlerfreie Arbeit: Sie konfektionieren, entfernen die Isolierung und montieren Steckverbindungen in praktisch einem Arbeitsgang, und das in hoher Stückzahl.
 
Serviceroboter werden zu unentbehrlichen Helfern
 
Die Einsatzgebiete der Serviceroboter sind noch weit vielfältiger als die der Industrieroboter, aus denen sie hervorgegangen sind. Serviceroboter bieten sich besonders für Aufgaben an, bei denen der Mensch hohen Risiken ausgesetzt ist. So können Roboter Brände bekämpfen, Bomben entschärfen, problemlos in großer Höhe arbeiten, in der giftigen Luft eines Chemikalientanks Reinigungsarbeiten durchführen, enge Abwasserkanäle inspizieren, ferngelenkt von unten Altlasten und Deponien überwachen und sogar sanieren. Kernkraftwerke werden mit Servicerobotern ferngesteuert entkernt und Reinigungsroboter klettern an der glatten Außenfassade bis in luftige Höhen. Dies alles ist keine Fiktion sondern mittlerweile bewährte Realität.
 
Die Grenzen zwischen Robotik und Telemanipulation sind bisweilen fließend. So auch bei »Akatsuki 21«, einem japanischen Bauroboter, der teilautomatisch ganze Stockwerke von Hochhäusern errichtet. Eine »Ground Factory« entlädt angeliefertes Baumaterial, montiert die Bauelemente und befördert sie über die »Transfer Line«, einem automatisch arbeitenden Transportsystem, zur »Sky Factory«. Hier werden alle Komponenten zusammengesetzt und endgültig auf dem Rohbau positioniert.
 
Nach jedem Stockwerk schiebt sich die überdimensionale Hebebühne ein Stück höher — alle acht Tage um ein Stockwerk. Das Dach ist eines der ersten Elemente, das fertig gestellt wird; so kann es die darunter liegende Baustelle vor Witterungseinflüssen schützen. Am Ende der Bauarbeiten wird die »Sky Factory« zerlegt und abgebaut. Der Zeitgewinn gegenüber konventioneller Bauweise soll bei etwa 30 Prozent liegen.
 
Roboter als Helfer bei der Pflege und in der Medizin
 
Einen sehr vielfältigen, aber nicht unumstrittenen Einsatzbereich von Servicerobotern stellen Pflege und Medizin dar. In den USA gibt es bereits Versuche, alte Menschen zu Hause mit einem Pflegeroboter zu versorgen, der für die Kommunikation, die Versorgung mit Lebensmitteln und die Überwachung der Haustechnik gleichermaßen zuständig ist. Mit so einem »Personal Robot«, so sagen die Befürworter, könne ein alter Mensch länger in seiner vertrauten, häuslichen Umgebung wohnen bleiben. Mobiles Pflegepersonal könnte von Routineaufgaben entlastet werden und sich mehr der persönlichen Zuwendung widmen. Für die Gegner ist ein solcher »Elderly Care Robot« ein Experiment, das soziologisch noch nicht untersucht sei. Eine Technisierung könnte den Pflegebedürftigen weiter in die Isolation und Vereinsamung drängen.
 
Bereits Realität sind dagegen Serviceroboter in der operativen Medizin. Roboter führen zwar keine Operationen selbsttätig aus; doch sie entlasten den Arzt und können einstudierte Bewegungsabläufe mit höchster Genauigkeit und unter engsten Platzverhältnissen durchführen.
 
Es gibt drei Arten von Aufgaben, bei denen intelligente Robotersysteme den Chirurgen wirksam entlasten können: Roboter üben Assistenzfunktionen wie das längere Halten oder Nachführen von Instrumenten aus; für den Assistenten ist dies eine konzentrationszehrende, ermüdende Tätigkeit, oft in belastender Körperhaltung.
 
Häufig werden Roboter für handwerklich orientierte Verrichtungen wie etwa das Ausfräsen eines Oberschenkelknochens für die Implantation eines künstlichen Hüftgelenks eingesetzt. Ein Roboter arbeitet hier mit einer mechanischen Präzision, die manuell nicht erreichbar ist.
 
Letztlich sind chirurgische Eingriffe im Mikrometerbereich, die unter der starken Vergrößerung eines Operationsmikroskops durchgeführt werden, gar nicht ohne den roboterähnlichen Telemanipulator möglich, wie man den verlängerten Arm des Operateurs nennt. Operationen dieser Art gehören zum Bereich der minimalinvasiven Chirurgie, die ihren Namen daher hat, weil der Patient durch die winzigen Operationsöffnungen nur sehr wenig in Mitleidenschaft gezogen wird.
 
Ein aktuelles Beispiel für dieses Verfahren liefert das Herzzentrum Leipzig, an dem 1999 der weltweit erste Roboteroperationstrakt in Betrieb genommen wurde. Das Robotersystem besteht aus einem dreiarmigen Telemanipulator und ist in erster Linie auf Bypassoperationen am Herzen ausgelegt. Der Telemanipulator wird von einem Rechner gesteuert, der dafür sorgt, dass die Bewegungen des Chirurgen exakt und ohne Zeitverzögerung auf das Operationsbesteck übertragen werden. Diese OP-Instrumente haben die Größe eines Bleistifts und werden jeweils durch eine nur einen Zentimeter große Öffnung im Brustraum an den Operationsort geführt. Die endoskopischen Instrumente sind durch spezielle, wenige Millimeter große Gelenke beweglicher als jedes Handgelenk eines Chirurgen. Ein Roboterarm trägt die miniaturisierte Chipvideokamera mit Stereooptik, zwei Arme halten die chirurgischen Instrumente. Der Operateur sitzt weit weg in einem anderen Raum an der Masterkonsole und verfolgt seine Operation dreidimensional am hochauflösenden Bildschirm.
 
Von der Konsole aus bedient der Chirurg auch die Operationsinstrumente über spezielle Handgriffe, die hoch empfindliche Bewegungssensoren enthalten. Die großzügigen Bewegungen der menschlichen Hand können bei Bedarf durch eine Übersetzung im Verhältnis zehn zu eins auf mikrochirurgische Dimensionen heruntertransformiert werden. Ein Tremorfilter verhindert die Übertragung unerwünschter Bewegungen der Chirurgenhand auf das OP-Instrument.
 
Ein taktiles Feedback, das die direkte mechanische und fühlbare Rückkopplung zum Operateur ermöglicht, ist in der Herzchirurgie nicht notwendig und wäre auch bei der Miniaturisierung der OP-Instrumente derzeit noch nicht machbar. Bewährt hat sich diese Art Rückkopplung allerdings bei Operationsrobotern in der Orthopädie.
 
Die zahlreichen Erfolge in der Herz- und Neurochirurgie, der Hals-Nasen-Ohren- und Gefäßchirurgie belegen, dass die Medizin erst an der Schwelle zum medizinischen Roboter-Zeitalter steht.
 
Bei der Fortbewegung steht die Natur Pate
 
Serviceroboter tragen Kameras, Messgeräte oder Sensoren und sind mit Werkzeugen wie Bohrern oder Winkelschleifern oder Schussgeräten bestückt. Serviceroboter arbeiten bisweilen freischwebend an Fassaden, in engen Röhren oder unter hohem Außendruck am Meeresboden oder gar frei schwebend im Weltall. Entsprechend unterschiedlich ist ihr Bewegungsapparat. Roboter saugen sich per Luftdruck oder Elektromagneten an glatten Flächen fest oder klammern sich form- oder kraftschlüssig an raue oder profilierte Oberflächen, während Raupensysteme und spinnenartige Schreitroboter praktisch jedes Hindernis überwinden können.
 
In vielen Fällen folgen die Konstrukteure den Vorbildern der Natur, wie es die Bionik lehrt; doch gibt es auch Beispiele für die perfekte Kopie der Natur — wie es ein amerikanischer Filmproduzent für den Horrorstreifen »Anaconda« eindrucksvoll demonstrierte. Eine zwölf Meter lange Würgeschlange bewegte sich dank 60 von Hydraulikzylindern betriebenen Metallwirbeln täuschend echt; die Bewegung wurde dabei von einem Rechner gesteuert, der die Kapazität von 50 handelsüblichen PCs hatte. 60 Kilometer elektrische Leitungen und Hydraulikschläuche mussten in dem 30 Zentimeter dicken Körper untergebracht werden.
 
Weniger faszinierend, aber dafür näher am Arbeitsalltag sind die Leistungen von »Mortimer«, einem Zimmerbutler, der in einem Karlsruher Hotel den Flur entlangrollt, Koffer trägt und das Frühstück serviert. Zur Umgebungserkennung verwendet der elektronische Butler ein Multisensorkonzept mit einem 2-D-Laserscanner, 16 Piezo-Ultraschallsensoren und ein Kamerasystem. Außerdem helfen acht taktile Sensoren an den Außenflächen des Roboters, kollisionskritische Objekte im letzten Moment zu ertasten.
 
Ernteroboter
 
Mögen derlei Projekte noch experimentellen Charakter haben, so sind in den USA roboterartige Mähdrescher unentbehrliche Erntehelfer geworden. Landwirtschaftliche Nutzfahrzeuge legen dort jährlich rund 1,6 Milliarden Kilometer mit einer Geschwindigkeit von weniger als 15 km/h zurück. Durch den zeitlich fast unbegrenzten Einsatz kann ein autonomer, unbemannter Mähdrescher die Ernteleistung verdoppeln. Eine auf der Landmaschine montierte Videokamera nimmt das Sichtfeld in Fahrtrichtung auf und gibt diese Information an den Onboardrechner weiter. Dort wird das Kamerabild in bereits bearbeitete und noch zu bearbeitende Zonen eingeteilt. Die absolute geographische Position der Maschine bestimmt der Rechner mithilfe des »Global Positioning System« (GPS), eines satellitengestützen Orientierungssystems, wie es in der Luft- und Raumfahrt, in der Schifffahrt und mittlerweile als Zubehör im Pkw-Bereich Einzug gehalten hat.
 
Während in diesen Fällen Roboter überwiegend Steuer-, Regel- und Positionieraufgaben übernehmen, aber letztlich auf konventionellen Maschinen beruhen, stellen Pflückroboter völlig neue Konzepte der Automatisierung dar. In Italien ist ein Pflückroboter im Einsatz, der in seinem Drei-Finger-Greifer eine Kraft-Momenten-Sensorik besitzt; damit kann er unterschiedlich große Früchte sicher umgreifen, ohne sie zu zerdrücken. Acht dieser Greifer sind an Manipulatorarmen auf einem Kettenfahrzeug befestigt. Anhand ihrer Farbe lokalisiert ein Bildanalysesystem die Früchte im Videobild einer Farbkamera auf dem Manipulatorarm. Sind die Koordinaten der Frucht ermittelt, umschließt sie der Greifer, und ein kleines Messer durchtrennt den Stiel oder dreht die Frucht durch eine rasche Drehung ab. Durch diesen Kunstgriff sinkt die Pflückzeit pro Frucht auf etwa fünf Sekunden; so lassen sich Ernteleistungen von bis zu einigen Tausend Früchten pro Stunde erreichen.
 
Manche Früchte konnten bisher überhaupt nicht geerntet werden. So macht der 20 Meter hohe stachelige Stamm der südamerikanischen Macaubapalme eine manuelle Ernte der stark ölhaltigen Früchte praktisch unmöglich. Dabei ist der Flächenertrag dieses Baumes zwanzigfach höher als bei der Sojapflanze. Brasilianische Agrarexperten schätzen sogar, dass diese Pflanze jedes Jahr 10 Millionen Tonnen Pflanzenöl liefern und damit 20 Prozent des Weltbedarfs decken könnte.
 
Mit einem Baumkletterroboter, der sich an der Bewegung eines Affen orientiert, könnten die Macaubafrüchte geerntet werden. Der Freikletterer, der in Deutschland entwickelt wurde, besitzt vier gebogene Arme, die sich um den Stamm klammern und wechselweise nach oben schieben. Beim Klettern wird das obere Armpaar gelöst, und ein Scherenmechanismus schiebt dieses Armpaar dann aufwärts.
 
Eine britische Erfindung stellt der Ernteroboter für Dattelpalmen dar, der mit einem Rädersystem die Stämme hinaufrollt, um in der Palmkrone selbstständig die Datteln zu pflücken.
 
Abschied von der bemannten Raumfahrt
 
In der Raumfahrt hat die Robotik in den letzten Jahren einen festen Platz eingenommen. Die Erforschung ferner Planeten, ständig verfügbare Orbitalstationen, fernwartbar und vom Boden aus flexibel zu steuern oder die Durchführung komplexer und langwieriger Experimente im All sind ohne intelligente, fernsteuerbare und autonome Fahrzeuge und Automaten nicht denkbar. Mit Sicherheit werden Entwicklungen der Raumfahrtrobotik bald auch in irdische Serviceroboter einfließen.
 
Die Aufgaben für Manipulatoren und Roboter im Weltraum sind überaus vielfältig. Sie erfordern ein besonders strukturiertes Automatisierungskonzept, bei dem der Mensch auf unterschiedlichen Ebenen der Steuerung, der Überwachung und der Entscheidung einbezogen werden kann. Von der reinen Telemanipulation bis zum autonomen Betrieb sollte ein Weltraumroboter alle Disziplinen beherrschen. Die Fähigkeiten heutiger Roboter haben in vielen Fällen die Anwesenheit eines Astronauten vor Ort bereits überflüssig gemacht und bringen die Befürworter der bemannten Raumfahrt zunehmend in Argumentationsschwierigkeiten. Letztlich können eigenständig operierende Roboter ganz neue Planeten erforschen, die der bemannten Raumfahrt auf absehbare Zeit verschlossen sein werden, wie die erfolgreiche »Pathfinder«-Mission auf den Mars eindrucksvoll bewiesen hat.
 
Ziel der Raumfahrtrobotik sind Leichtbaurobotersysteme. Sie sollen zum einen den menschlichen Arm verlängern, also bequem vom Nutzlastspezialisten fernsteuer- und fernprogrammierbar sein. Zum anderen sollen sie durch eine Vielfachsensorik möglichst autonom agieren können, um Teilaufgaben völlig selbstständig erledigen zu können.
 
»Inspector« ist ein frei fliegendes Servicesystem, das auf der Internationalen Raumstation (ISS) eingesetzt werden soll, um Astronauten bei ihren Weltraumspaziergängen zu entlasten. Es soll schwer zugängliche Stellen überwachen und Wartungs- und Reparaturaufgaben durchführen. In einer ersten Ausbaustufe ist das Servicesystem mit einem neuartigen Videosystem für Beobachtungs- und Inspektionsaufgaben ausgerüstet und bereits in der russischen Station »Mir« getestet worden.
 
Sensoren sind Ersatz für die fünf Sinne
 
Der Mensch ist in seiner Wahrnehmung sehr beschränkt. Elektromagnetische Strahlung nimmt er gerade einmal im schmalen Fenster zwischen 400 und 700 Nanometern wahr und nennt es sichtbares Licht. Töne hört er nur zwischen 20 Hertz und 18 Kilohertz, und zum Riechen stehen ihm gerade vier Quadratzentimeter Nasenschleimhaut zur Verfügung. Das Schmecken überlässt er 2000 bis 4000 Geschmacksknospen auf der Zunge, und das Tasten erledigen 28 Druckrezeptoren pro Quadratzentimeter Haut. Der Mensch ist damit zwar eine Art Generalist, doch in jedem der Bereiche ist er Konkurrenten aus der Tierwelt hoffnungslos unterlegen. Auch die Technik macht den menschlichen Sensoren zunehmend Konkurrenz. Für die Funktion eines Industrie- oder Serviceroboters stellen Sensoren als künstliche Sinnesorgane die wichtigste Schnittstelle zwischen der Maschine und dem Objekt dar, das es zu beobachten oder zu behandeln gilt.
 
Grundsätzlich sind Sensoren (vom lateinischen »sensus«, zu Deutsch: »Gefühl«, »Empfindung«) in der Technik dazu bestimmt, physikalische Größen wie Kraft, Beschleunigung oder Drehmoment, aber auch wie Temperatur, Wellenlänge und Schall aufzunehmen und in ein verwertbares elektrisches Signal umzuwandeln. Ähnliches gilt auch für chemische Sensoren, die die chemische Zusammensetzung von Gasen oder Flüssigkeiten erkennen, indem sie die Veränderung physikalischer Größen messen.
 
Die elektronischen Informationen fließen in analoger oder digitaler Form dem Rechner zu; oft ist dies eine speicherprogrammierbare Steuerung (SPS). Dabei handelt es sich um einen Rechner, der Arbeitsprozesse überwacht und eine Art Relaisfunktion innehat. Die SPS besteht aus einem Automatisierungsgerät sowie angeschlossenen Ein- und Ausgabeelementen. Die Programme werden in Speichern abgelegt. Die SPS erzeugt wieder neue elektrische Signale, die zu akustischen oder optischen Signalmeldungen oder zu bestimmten Aktionen führen, also meist zu mechanischen Bewegungen. Dieser Vorgang — beispielsweise das Zugreifen eines Robotergreifers — kann entweder direkt über einen elektrischen Motor erfolgen oder pneumatisch über Luftdruck beziehungsweise hydraulisch per Öldruckleitung. In jedem Fall ist zur Umwandlung der elektrischen Energie in mechanische Energie ein Aktor notwendig. Dieses krafterzeugende oder steuernde Element kann ein elektrisches Relais sein, ein Motor, ein Hubmagnet oder ein Ventil.
 
Nach der sensitiven Funktion kann man Sensoren in taktile (berührende), visuelle (optische), auditive (hörende), elektrische/elektromagnetische, pneumatische/hydraulische sowie in Strahlungs- und chemische/elektrochemische Sensoren einteilen. In der Roboter- und Automatisierungstechnik spielen mechanische Drehgeber, taktile und berührungslose Näherungsschalter einerseits und optische Sensoren zur Abstands- oder Bilderkennung andrerseits die größte Rolle.
 
Drehgeber übertragen als innere Sensoren die Bewegung auf eine rotierende Scheibe, die mit einem Strichcode versehen ist. Die Rotation der Scheibe wird optisch über die Striche erfasst und in elektrische Signale umgewandelt. Damit kann zum Beispiel die Drehlage einer Achse erfasst werden; Ähnliches vermögen auch Resolver, die auf elektrisch-induktiver Basis analoge Informationen über die Winkelstellung eines Motors liefern können.
 
Taktile Sensoren sind beispielsweise in einen Roboterfinger integriert und berühren das Objekt. Die Auslenkung des Tastfingers kann dann in ein analoges Signal umgewandelt werden. Sollen Kräfte gemessen werden, steht ein ganzes Spektrum von Sensoren zur Verfügung, die mit Dehnungsmessstreifen, mit Piezokristallen oder nach anderen physikalischen Prinzipien funktionieren.
 
Berührungslose Sensoren oder Näherungsschalter arbeiten entweder nach dem induktiven oder nach dem kapazitiven Prinzip. Erstere enthalten einen elektrischen Schwingkreis, der bei Annäherung eines metallischen Gegenstands dort einen Wirbelstrom erzeugt, der das erzeugende Oszillatorfeld unterschiedlich stark dämpft. Ein kapazitiver Sensor baut ein elektrisches Wechselfeld auf, das zwischen dem Sensor als Elektrode eines Kondensators und dem nicht leitenden Gegenstand, dem Dielektrikum, wirkt.
 
Zur Abstandsmessung über größere Distanzen kommen Ultraschallsensoren zum Einsatz. Sie errechnen aus der Laufzeitdifferenz des ausgesandten und reflektierten Schalls die Entfernung. Ein Serviceroboter, der in den Vereinigten Staaten zur Überwachung von Gebäuden und Anlagen eingesetzt wird, tastet sich beispielsweise mit Ultraschallsensoren die Flure entlang und holt sich selbst den Aufzug, um das Stockwerk zu wechseln. Für genauere Messungen eignen sich berührungslose, optische Sensoren, die Laserstrahlen aussenden und aus der Phasenverschiebung des reflektierten Strahls den Abstand errechnen. Laserscanner können nicht nur eindimensional Abstände messen, sondern zweidimensional Konturen erkennen oder gar dreidimensional Oberflächen abtasten.
 
Eine große Rolle spielen Sicherheitssensoren, die mit Lichtschranken, Trittmatten oder Bumpern (von englisch »to bump«, deutsch: »stoßen«) Kollisionen verhindern sollen. Infrarot- und Mikrowellensensoren mit einem Erfassungswinkel von 360 Grad detektieren Eindringlinge schon auf 20 Meter Entfernung, und ein Videochip mit Restlichtverstärker erfasst die ganze Umgebung sogar bei Dunkelheit und überträgt das Bild per Funk an die Sicherheitszentrale.
 
Roboter müssen sich im Raum orientieren
 
Bei Robotern, die sich auf großem Terrain bewegen sollen, kommt es nicht nur auf eine ausgefeilte Sensorik an, sondern auch auf ein hochgenaues Navigationssystem. Schwierig wird die Orientierung vor allem bei großen Flächen. So hat ein Reinigungsroboter in der Abfertigungshalle eines Flughafens nicht nur mit Passagieren zu tun, sondern auch mit wechselnden Positionen von Schildern und Verkaufsständen. Während ein Transportsystem die kürzeste Route zwischen zwei Punkten zurücklegen muss, hat ein Reinigungsroboter eine Fläche komplett abzudecken. An erster Stelle steht hier der Kollisionsschutz mit Personen, die den Arbeitsbereich des Serviceroboters kreuzen. Ultraschall- oder Infrarotsensoren sind hier Stand der Technik; daneben werden auch Laserscanner und zunehmend Bildverarbeitungssysteme eingesetzt. Im Außeneinsatz finden auch Radarsensoren Anwendung.
 
Weit anspruchsvoller ist die Orientierung im Raum. Drei Fragen sind für den Roboter dabei zu klären: Wo bin ich gerade? Wo will ich hin? Und: Wie komme ich dahin?
 
Ein Serviceroboter arbeitet in der Regel in einer Umgebung, die ihm zuvor nicht oder nur unvollständig bekannt ist und die sich verändern kann. Die Umgebungserfassung über die Sensoren nutzt nichts, wenn die Information nicht zu Konsequenzen wie Bahnkorrekturen führt. Diese wiederum sind nur sinnvoll, wenn das eigentliche Ziel, beispielsweise die Reinigung einer Fläche, nicht aus den Augen verloren wird. Die Sensorinformation dient somit primär zur Lokalisierung im Raum. Die Frage nach dem Ziel kann nur beantwortet werden, wenn dem Rechner ein Umweltmodell vorliegt. Für die Erstellung dieses Modells gibt es verschiedene Möglichkeiten.
 
Aufwendige Systeme erstellen mit Ultraschallscannern ein Bild der Umgebung, vergleichbar einer Radarkarte. Für jeden Abstrahlwinkel ergibt sich ein Entfernungsmesswert. Da sich die Messungen verschiedener Ultraschallsensoren gegenseitig beeinflussen, werden die Messungen häufig nacheinander ausgeführt. Die Laufzeit des Luftschalls begrenzt die Messrate, sodass sie für schnell fahrende Roboter nicht mehr ausreicht. Daher setzt man immer häufiger optische Laserscanner ein, die die Position eines Objekts aus der Laufzeit eines reflektierten Laserlichtimpulses bestimmen, wobei die Laufzeit auf Picosekunden (10-12 s) genau gemessen wird.
 
Die Umgebungserfassung der Zukunft wird durch Bildverarbeitung erfolgen. Zielsetzung ist die Erkennung charakteristischer Umgebungsmerkmale und deren Interpretation mittels Modellwissen unter natürlichen Lichtverhältnissen. So sollen erkannte 3-D-Strukturen als konkrete Objekte symbolisch interpretiert werden, beispielsweise als Tür oder Tisch.
 
Natürlich kann sich ein Roboter nur dann in seiner Umgebung orientieren, wenn er diese zuvor kennen gelernt hat. Das Stichwort heißt »Full-Teach-in« und ist bereits aus der Fertigungstechnik bekannt. So wie sich ein Industrieroboter die von Hand vorgegebene Bewegung merkt und entsprechend in eine eigene Bewegung umsetzt, fährt bei einem Reinigungsroboter der neuen Generation ein Fahrer die Strecke einmal ab. Im Programmiermodus merkt sich der Navigationsrechner der Maschine alle Daten der Route und errechnet hieraus die optimale, mäanderförmige Reinigungsbahn. Während der Lernfahrt entsteht im Rechner eine Art Landkarte. Befindet sich der Roboter später allein auf seiner Automatikfahrt, werden alle Orientierungsdaten der Sensoren mit dieser Landkarte abgeglichen. Lediglich die Startposition muss eindeutig fixiert werden.
 
Sowohl für die Bahnplanung als auch für die Bewegungsführung ist die genaue Kenntnis der aktuellen Roboterposition erforderlich. Die einfachste Möglichkeit ist die der Messung der zurückgelegten Wegstrecke. Doch der Kilometerzähler unterliegt einem mechanischen Schlupf, der sich zu einem größeren Messfehler aufaddiert. Deshalb sind in regelmäßigen Abständen Referenzmessungen notwendig. So kann sich ein Reinigungsroboter an im Boden eingelassenen Induktionsschleifen oder speziellen Markierungspunkten orientieren und seine Fahrt nach notwendigen Korrekturen immer wieder neu ausrichten.
 
Die Orientierung lässt sich auch unabhängig von Referenzpunkten mittels Kreisel- oder Drehzahlsensorsystemen durchführen. Diese Messsysteme werden schon lange für Ortungs- und Stabilisierungsaufgaben in der See-, Luft- und Raumfahrt sowie militärisch in Flugkörpern und Militärfahrzeugen eingesetzt.
 
Die ersten Kreiselsensoren beruhten auf dem physikalischen Prinzip der Drehimpulserhaltung (Kreiselkompass): Eine schnell rotierende Masse ist kardanisch in einem Rahmen aufgehängt und behält ihre Lage im Raum bei. Neben diesen klassischen Kreiseln wurden neue Bauformen wie die »Solid State Gyros« entwickelt, die schwingende Strukturen enthalten. Angetrieben werden diese Strukturen über elektrische Felder oder Piezokristalle. Eine Rotation erzeugt an den Strukturen eine der Drehzahl proportionale Coriolis-Kraft, die in der Struktur weitere Schwingungen erzeugt. Die Phasenverschiebung zur anregenden Schwingung wird gemessen und in das Ausgangssignal des Sensors umgewandelt. Die Forschung arbeitet derzeit daran, die Strukturen weiter zu miniaturisieren und auf dem gleichen Chip zusammen mit der Auswertungselektronik zu integrieren.
 
Die höchste Genauigkeit mit einer Abweichung von 0,001 Grad pro Stunde liefern Ringlaser, bei denen die Verschiebung des Lichtwellenzugs beim Drehen eines ringförmigen Strahlengangs ausgewertet wird.
 
Prof. Dr.-Ing. Hans-Jürgen Warnecke
 
Weiterführende Erläuterungen finden Sie auch unter:
 
Fertigungstechnik: Automatisierung, Rapid Prototyping, CIM
 
 
Adam, Wolfgang u. a.: Sensoren für die Produktionstechnik. Berlin u. a. 1997.
 
Handbuch der Meß- und Automatisierungstechnik, herausgegeben von Hans-Jürgen Gevatter. Berlin u. a. 1999.
 Hesse, Stefan: Industrieroboterpraxis. Automatisierte Handhabung in der Fertigung. Braunschweig u. a. 1998.
 Hesse, Stefan: Lexikon Handhabungseinrichtungen und Industrierobotik. 1800 Begriffe von A-Z zur handhabungstechnischen Automatisierung für Lehre, Studium und Beruf. Renningen 1995.
 Hesse, Stefan: Lexikon Sensoren in Fertigung und Betrieb. 1800 Begriffe von A-Z zur Sensortechnik für Lehre, Studium und Beruf. Renningen 1996.
 Lüth, Tim Christian: Technische Multi-Agenten-Systeme. Verteilte autonome Roboter- und Fertigungssysteme. München u. a. 1998.
 
Robotik in Deutschland. Lehre, Forschung und Entwicklung, herausgegeben von Erwin Praßler u. a. Aachen 1998.
 Schildt, Gerhard-Helge / Kastner, Wolfgang: Prozeßautomatisierung. Wien u. a. 1998.
 Schraft, Rolf D. / Schmierer, Gernot: Serviceroboter. Produkte, Szenarien, Visionen. Berlin u. a. 1998.
 
Sensoren und Sensorsignalverarbeitung. Wegweisende, serienreife neue Produkte und Verfahren, herausgegeben von Karl Walter Bonfig. Renningen 1997.
 
Sensortechnik. Handbuch für Praxis und Wissenschaft, herausgegeben von Hans-Rolf Tränkler und Ernst Obermeier. Berlin u. a. 1998.
 Zakharian, Serge: Automatisierungstechnik-Aufgaben. Lineare, Zweipunkt- und Fuzzy-Regelung. Braunschweig u. a. 1998.
 Zeller, Franz-Josef: Sensorplanung und schnelle Sensorregelung für Industrieroboter, herausgegeben von Klaus Feldmann. München u. a. 1996.
 
Zukunftsweisende Steuerungs- und Maschinenkonzepte für die Fertigung, herausgegeben von Manfred Weck u. a. Düsseldorf 1997.

Universal-Lexikon. 2012.

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